Mit Beginn der Industrialisierung und mit den damit verfügbaren Antriebsmöglichkeiten begann der eigentliche Aufschwung der Drehmaschine. Mit Einführung der CNC-Steuerung und der Automation wurde ein sehr hohes Niveau an Präzision und Produktivität erreicht. Aber das Grundprinzip des Drehens hat auch die CNC-Steuerung nicht geändert. Die Drehteile werden nach wie vor per Materialabtrag durch einen Drehmeißel hergestellt.
Ist die spanende Drehteilefertigung technologisch ausgereizt?
Werfen wir einen kurzen Blick in die Geschichte des Drehens.
Die ältesten nachgewiesenen Drehteile fanden sich in einer italienischen Kleinstadt, etwas nördlich von Rom. Die Holzarbeiten konnten dem Beginn des 7. Jahrhunderts v. Chr. zugeordnet werden. Demnach macht sich die Menschheit diese spezielle Art der Werkstoffbearbeitung nun also schon seit über zweieinhalbtausend Jahren zunutze.
Im Laufe der Zeit setzten sich zahlreiche Ingenieure, Handwerker und Erfinder mit dem Funktionsprinzip auseinander, stets mit dem Ziel der Optimierung. Der vermutlich populärste Vertreter davon war ein geistreicher Italiener names Leonardo aus der kleinen Gemeinde Vinci. Da Vincis Verbesserung im Vergleich zu den bis dato vorhandenen Drehmaschinen bestand in der Verwendung einer Schwungscheibe. Auf diese Weise ließen sich Werkstücke mit einer gleichmäßigen Drehgeschwindigkeit bearbeiten. Daran zeigt sich, wie offensichtlich manche Dinge sind, nachdem man sie ersonnen hat.
Richtig in Schwung geriet die Entwicklung mit der Industrialisierung. Der finanzielle Nutzen, welchen die kostengünstigen Bearbeitungsmethode ermöglichte, diente als Ansporn, um Drehmaschinen immer effizienter und selbstständiger werden zu lassen.
Gegen Mitte des 20. Jahrhunderts setzte sich die numerische Steuerung durch. So konnten die Maschinen immer eigenständiger arbeiten. Anfangs erfolgte die Steuerung noch über Lochkarten, später sorgten Steuerungscomputer für den automatisierten Arbeitsablauf. Die CNC-Steuerung ist bis zum heutigen Tage fester Bestandteil der meisten, industriell genutzten Drehmaschinen.
Wohin könnte der Weg jetzt noch führen?
Großartigen Handlungsbedarf in der Weiterentwicklung scheint es momentan nicht zu geben. Zwar werden Antrieb, Präzision sowie verwendete Werkstoffe und Technik nach wie vor noch optimiert, doch das Funktionsprinzip der Drehmaschine scheint bereits seit langem an seinem Zenit zu sein.
Demzufolge stellt sich also die Frage, ob die globale Fertigungsindustrie sich weiterhin auf das klassische Prinzip der spanabhebenden Drehmaschine verlässt, oder ob uns eine grundsätzliche technologische Änderung bevorstehen könnte?
Die additive Fertigung mittels 3D-Druck erobert sich längst auch in der Fertigungsindustrie ihren Platz, wie wir hier in diesem Artikel bereits dargestellt haben, wobei hier speziell das Lasersintern von Jahr zu Jahr mehr Marktanteile gewinnt, besonders bei komplexen Formen in kleinen Stückzahlen. Aber hat diese Technologie auch beim Drehen eine Zukunft?
Die additive Fertigung wird der hohen Effizienz und Präzision einer klassischen Drehteileproduktion per CNC-Drehmaschine nicht so schnell das Wasser abgraben können. Aber: Wie sieht es mit Hybrid-Lösungen aus?
Die Kombination aus additiverm Materialauftrag und spanender Bearbeitung in einer Maschine würde ganz sicher bei bestimmten Werkstücken ganz neue Perspektiven eröffnen.
Auf der Lasertec 2014 stellte DMG-Mori eine Hybridmaschine vor, die genau diesen Gedanken aufgreift und beide Fertigungsverfahren in einer Maschine kombiniert. Hier wird die Fräs- und Drehbearbeitung mit dem Laserauftragsschweißen kombiniert. Letzteres funktioniert mit Metallpulver aus einer Düse, welches per Laser mit dem Basismaterial verschmolzen wird. Nach dem Erkalten kann dieses Material ganz klassisch bearbeitet werden (fräsen oder drehen).
Im Gegensatz zum Lasersintern im Pulverbett erlaubt das Laserauftragsschweißen auch die Herstellung großer Teile. Mit einer Baurate von bis zu 3,5 kg/h ist dieser Prozess bis zu 20-mal schneller als das Lasergenerieren von Teilen im Pulverbett.
Hier scheint sich also doch auch beim Drehen eine neue technologische Dimension zu eröffnen, die sich zumindest in Nischenbereichen kurzfristig etablieren wird.
Die Entwicklung bleibt nicht stehen
Warum könnte anstelle des bisherigen Drehmeißels nicht auch der Laser, welcher nie verschleißt oder bricht, zum Standard für den Materialabtrag werden? Allein schon die drastische Verringerung von Schwingungen würde auf Dauer wohl völlig andere Maschinenkonzepte ermöglichen. Die Möglichkeiten der Werkstoffbearbeitung stehen also noch lange nicht am Ende, sondern vielleicht erst am Anfang eines Quantensprungs.
Sicher ist, dass zumindest mittelfristig die klassische CNC-Drehbearbeitung – auch in Kombination mit integrierten Fräsoperationen – der Platzhirsch bei der Drehteilefertigung bleiben wird. Selbst konventionelle Drehmaschinen finden sich nach wie vor in vielen Werkstätten. Besonders beliebt bei der Kleinserien- und Einzelteilfertigung sind die sogenannten Zyklendrehmaschinen, welche die Vorteile der manuellen Drehmaschine mit der CNC-Bearbeitung kombiniert.
LowTech wird sich also auch in absehbarer Zukunft noch mit HighTech in den Fertigungsbetrieben begegnen, um die unterschiedlichsten Anforderungen zu erfüllen.
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Teile dieses Artikels stammen von der Drehbank.co Fachredaktion.
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